MUT : BRIEF #04 "Gab es das eigentlich schon mal?" ....

MUT : BRIEF #04 "Gab es das eigentlich schon mal?" ....

MUT : BRIEF #04 "Gab es das eigentlich schon mal?" ....

# SEELSORGE : ANDERS

MUT : BRIEF #04 "Gab es das eigentlich schon mal?" ....

... fragt Presbyter und Prädikant Bernd Franzen im vierten Beitrag unserer Reihe.

Für seine Gedanken rund um mutmachende Entdeckungen und Erlebnisse in dieser Zeit ist er auch ins Gespräch mit anderen Presbyteriumsmitgliedern gegangen.

Die Reihe kann HIER bestellt werden. Alle bisherigen Briefe sind auf der Seite "GEMEINDE : MENSCHEN" nachzulesen.

Der Brief vom 15. April 2020:

In einer Zeit der Pandemie stellt sich die Frage: Gab es das eigentlich schon mal?

Wenn ich mich umhöre finde ich oft die Aussage: "Das gab es noch nie!" Meine 92jährige Schwiegermutter ist sich da z.B. ganz sicher.

Es stimmt wohl, seit Menschengedenken hat es noch nie eine Bedrohung gegeben, die so komplett den ganzen Globus von Australien bis Zambia umfasst hat. Jeder Landstrich ist betroffen, Corona ist überall. Geografisch gesehen genau so wie gesellschaftlich, wirtschaftlich und sozial. Die Krise ist tatsächlich umfassend.

Die Lösungen, die jetzt zu suchen und finden sind - heute geht es auf der großen politischen Bühne darum, wie ein Ausstieg aus den jetzigen Maßnahmen begonnen werden kann - müssen noch gefunden werden. Hier ist tatsächlich Vieles neu und noch nie da gewesen. Viel Fingerspitzengefühl und ein gutes Austarieren von vielen Interessen und Notwendigkeiten sind nötig, wenn es gelingen soll. Weil niemand umfassende Erfahrungen hat, wird es wohl nicht DEN Weg geben. Und doch denke ich, dass die Gefühle, die aus der Pandemie entstehen, gar nicht so "neu" und außergewöhnlich sind.

Über die Ostertage, die gerade hinter uns liegen, ist es mir sehr bewusst geworden: Normale Gottesdienste konnten nicht stattfinden. Mir ist das zuerst schwergefallen, denn dieser auch emotionale Bogen über die Karwoche hin zu Ostern, über Tod und Leid hin zu Auferstehung, Hoffnung und Freude, gehörte auch in seiner Liturgie für mich einfach immer "dazu". 

In meiner alten Schulbibel, der (katholischen) Einheitsübersetzung, bin ich auf Daniel 3,38* gestoßen, wo es sinngemäß heißt: "Sie hatten keinen Ort, um Gott die Erstlingsgaben darzubringen und Erbarmen zu finden." So war auch mein Gefühl - keinen Ort/Gelegenheit zu haben, dieses Osterfest gebührend zu feiern.

Presbyter Peter Mewis aus Poll schrieb mir die Tage: "Ich habe mir den Ostergottesdienst [online] angeguckt. Ich war begeistert. Es war richtig schön. Daniels Musik dabei war wunderbar. Das wünsche ich mir jeden Sonntag während dieser seltsamen Zeit."

Ich muss Peter Mewis beipflichten. Obwohl ich das Gewohnte vermisse und mich darauf freue, wenn wir wieder Gottesdienste in Gemeinschaft feiern können, so merke ich auch, dass es andere Formen gibt, die mir weiterhelfen. 

Segen zum Abpflücken vor der Kirchentür von St. Johannes in Deutz oder Osterkerzen mit einem Gruß aus der Gemeinde vor den Kirchentüren in Deutz und Poll genauso wie Videoformate. Es ist nicht dasselbe. Aber anders. Mir tun diese anderen Möglichkeiten auch gut. 

Peter Ebenfeld, einer der neuen Presbyter aus Deutz in unserer Gemeinde, hat auf die Frage: "Was tut mir im Moment gut?" eine geradezu verblüffende Antwort: "Es gut mir auch gut, nicht überall mitzureden." Und er hat eine Erfahrung gemacht, die ich auch bestätigen kann: "Mir tut es gut, wenn ich merke, dass viel Verständnis für Fehler und Versäumnisse da ist." Überall, im Privaten wie im Beruflichen, merke ich, wie viel improvisiert und Neues ausprobiert wird. Nicht alles funktioniert. Trotzdem merke ich, dass die Menschen nicht immer erwarten, dass alles 100% läuft. Da kann ich über den Mitarbeiter im Supermarkt, der mich heute etwas barsch in die richtige Richtung gewiesen hat, weil ich mich im neu aufgebauten Labyrinth zur Abstandswahrung im Eingangs- und Kassenbereich verlaufen hatte, eher schmunzeln. Das erlebe ich als eine Ausnahme. Die hohe Fähigkeit und Bereitschaft Neues zu probieren ist etwas, das ich als echte Bereicherung empfinde und ich hoffe, dass sich davon etwas in die Zeit nach Corona retten lässt.

Nicht nur den beiden Peter habe ich dieselbe Frage gestellt, sondern sie auch an andere Mitglieder im Presbyterium gerichtet. "Was tut mir im Moment gut, was macht mir Mut?"

Sabine Cornelius aus Poll weiß, was ihr guttut. "Es tut mir gut, mich in die Frühlingssonne zu setzen und die Energie zu spüren, die davon ausgeht." Damit stimmt sie unter anderem mit Peter Ebenfeld überein, dem die Sonne auch guttut. Peyman Zare aus Deutz geht wohl auch nach draußen, denn er schreibt: "Musik und Sport tut mir gut". Ich glaube, wir können dankbar sein, dass wir die Möglichkeit haben, nach draußen zu gehen.

Heike Wanzek-Roesner, Mitarbeiterpresbyterin und Leiterin der KiTa entdeckt "in der sonst so schnelllebigen Zeit wieder Zeit für Besinnung und das Wesentliche im Leben." Und Peyman Zare und Peter Ebenfeld fügen noch Gottvertrauen hinzu und Peyman Zare erlebt den "Zusammenhalt gegen die jetzige Situation" als guttuend und mutmachend.

Was macht mir Mut? Dieser zweite Teil der Frage hat unter den befragten Presbytern auch einen Tenor. Sabine Cornelius: "Mut macht mir zu wissen, dass auch diese Krise vorübergeht. Wir müssen uns nur ein wenig gedulden." Oder Peter Ebenfeld meint: "Der Frühling macht mir Mut und es macht mir Mut, dass die Pflanzen blühen und die Bäume wieder austreiben. Trotz der hohen Zahl an Toten macht es mir Mut, dass viele überleben und die meisten ohne bleibende Schäden sind. Es macht mir Mut, dass ich nicht der einzige bin, der verunsichert ist.

Überhaupt habe ich nicht nur im Gespräch mit den anderen Presbytern den Eindruck, dass diese Zeit als verunsichernd empfunden wird. Ich glaube, es liegt eine mutmachenden Kraft darin, sich und anderen diese Unsicherheit zu gestehen. Nicht Schönreden, die Wirklichkeit sehen. Aber versuchen nicht allein zu bleiben damit und das nutzen, was wir an Möglichkeiten haben, mit anderen im Gespräch und in Kontakt zu bleiben.

Heike Wanzek-Roesner bringt es auf einen anderen Punkt: "Wenn wir uns zurückziehen, haben wir und die Welt die Chance uns noch mal neu zu erfinden."

Überhaupt habe ich nicht nur im Gespräch mit den anderen Presbytern den Eindruck: Niemand findet diese Zeit gut. Aber es gibt Gutes in dieser Zeit! Manchmal liegt es an mir, es auch zu sehen und zu empfinden und das Gute nicht zu verlieren in der Zeit nach Corona.

Bleiben Sie, bleibt, gesund und unter Gottes Segen. Achten Sie auf sich, achtet auf Euch und auf die Nächsten.

Bleibt in Kontakt.

Bernd Franzen (Antwort möglich an: bernd.franzen@ekir.de)

Anmerkungen:

Mein Dank geht an die Presbyter, die ihre Gedanken zum Guttun und Mutmachen geteilt haben und alle, die versuchen in Kontakt zu bleiben.

Zu Dan 3,38: * in der protestantischen Tradition, die auf die ursprünglichen hebräischen Texte zurückgreift, endet das 3. Kapitel bei Daniel mit dem 33. Vers, die katholische Tradition bedient sich griechischer und altsyrischer Quellen. Hier geht es mir mehr um das Gefühl, dass es auch schon vor ca. 2.400 Jahren gab, nicht um Quellenforschung.

Dies könnte Sie auch interessieren

0
Feed

Evangelische Kirchengemeinde Köln-Deutz/Poll 
Deutz: Tempelstraße 29, 50679 Köln
Poll: Rolshover Str. 588a, 51105 Köln

koeln-deutz-poll@ekir.de
+49 221 811380