Wir befinden uns in einer immer noch besonderen Zeit.

Die schrittweise Lockerung so vieler Bereiche der Gesellschaft und auch die schrittweise Öffnung unserer beiden Gemeindezentren bewegt Viele.

Unterschiedlichste Gefühle, Gedanken, Diskussionen, Erwartungen, Enttäuschungen, Fragen, Antworten, Vorgaben, Auslegungen, ... 

Zum Pfingstfest haben wir das erste Mal wieder kleine Präsenz-Gottesdienste gefeiert: auf der Wiese im Poller Gemeindegarten und in der Deutzer Kirche. Berührend war das.

Zugleich noch volles Experiment. Aus dem wir nun lernen und weiterdenken, weiterträumen, weiterplanen.

In der Woche vor Pfingsten haben einige Menschen aus unserer Gemeinde an einer deutschlandweiten Aktion teilgenommen: #wirsehenPfingstrot. Die Aufmerksamkeit war in dieser Woche auf Rot gerichtet - Rot-Schattierungen, Rot-Orte, Rot-Deutungen, Rot-Geschmacksrichtungen, Rot-Vorlieben und -Abneigungen, Rot-Gefühle und Vieles mehr. Auf instagram sind über 1500 Bilder und Entdeckungen geteilt worden. Von tiefgründig bis federleicht. Von verspielt bis theologisch ausgefeilt. Vom Schmerz über die Liebe bis hin zum Pfingstfeuer. Von der rot gefüllten Waschmaschine über die Clownsnase bis hin zum Lichtschalter.

Am Pfingstmontag haben viele rote Kleidungsstücke und Accessoires getragen und damit die Farbe der Heiligen Geistkraft, die wir gefeiert haben.

Es war spannend, eine Woche lang die eigene Aufmerksamkeit auf eine bestimmte Farbe zu richten. Wo sie überall auftaucht, was plötzlich in den Blick kommt, wie viel Rot in der Küche und wie wenig im Kleiderschrank zu finden ist - oder andersherum.

Eine ehemalige Grundschullehrerin erzählte mir von einer Projektwoche, in der ihre Klasse jeden Tag einer anderen Farbe gewidmet hat und welche Unterschiede das gemacht hat: 1 Tag nur Blaues tragen, essen, trinken, anschauen, wahrnehmen ... eine völlig andere Dynamik als zum Beispiel an einem gelben Tag.

Der Regenbogen, den in den vergangenen 12 Wochen so viele Kinder in ihre Fenster gehängt, gemalt, gebastelt haben - so auch in unserer Gemeinde-Kita und in den Straßen von Poll und Deutz - hat 7 Farben: Rot, Orange, Gelb, Grün, Hellblau, Dunkelblau, Violett. 

In Köln ist er an vielen Orten zu finden, die ihre Offenheit sichtbar machen wollen - und auch in Friedensfahnen haben diese Farben Einzug gehalten. Die Kreide-Bilder zu denen Diakonin Kerstin Schneider eingeladen hat, die Farbkreisel, zu denen Gemeindepädagogin Beate Commer eingeladen hat, die bemalten Steine in Poll, die Segenskarten in Deutz - überall tauchen diese 7 Farben auf.

"Und Gott sprach zu Noah: ,Von nun an will ich immer die Erde beschützen, im Sommer und Winter, bei Hitze und Frost, bei Tag und bei Nacht. Siehst du den Regenbogen? Er sagt dir, dass ich mein Wort halte.'" - so ist es in der Kinderbibel formuliert, die wir bei Taufen als Gemeinde den Familien schenken.

Manche zweifeln diesen Schutz in diesen Wochen und Tagen an, kommen ins Schwanken, verlieren ihren Mut und ihre Zuversicht.

Umso bedeutsamer könnte es sein, sich diese Zusage einmal neu zu vergegenwärtigen, sich ihr anzuvertrauen, sich in sie hineinzulegen und ihre Tragkraft noch einmal auszuloten.

Ein Experiment dafür könnte sein, die 7 Farben des Regenbogens in den kommenden 7 Tagen jeweils einzeln für 24 Stunden in den Fokus zu nehmen: 1 Tag voller Blaubeeren, blauer Socken, blauem Himmel, blauer Bücher, ... ein Anderer voller Spinatrisotto, Wiesenspaziergang, urban gardening im grünen T-Shirt, ... Oder ganz anders. Wie man es mag.

7 Tage - 7 Farben. Einmal das ganze Spektrum dieses Hoffnungszeichens durchspielen, durchleben, einverleiben, anziehen, ausgestalten - vielleicht wächst ja der Mut, egal wie klein oder groß er gerade sein mag.

Und wo wir gerade Pfingstwoche und mit Rot schon so geübt haben...

Zu den 7 Tagen und den 7 Farben gesellen sich die 7 Geistesgaben. 

Es gibt Menschen, die sie tatsächlich mit den Farben des Regenbogens verbinden: 

Stärke (rot), Frömmigkeit (orange), Einsicht (gelb), Gottesfurcht (grün), Weisheit (hellblau), Rat (dunkelblau), Erkenntnis (violett). Diese Zuordnung ist nicht gesetzt. Ich habe sie in einem Kunstprojekt entdeckt, sie kann auch ganz anders aussehen.

Die 7 Geistes-Gaben könnten aber möglicherweise mit in den Blick kommen an den verschiedenen Farbtagen - Wechselwirkungen mit den Farben spürbar werden.

Vielleicht ist es ein völlig verrücktes Experiment...

Vielleicht ist es auch ein ungewöhnlicher Weg, Gottes frischuralten Zuspruch noch einmal im eigenen Leben zu entdecken. Etwas zersplittert, etwas gedehnt, aber doch immer wieder voller Sehnsucht nach dem einen leuchtenden Zuspruch: "Ich halte mein Wort!".

Egal wie - ich wünsche allen eine bunte, be-geist-erte und ermutigende Woche!

Susanne Marie Koschmider