02/07/2024 0 Kommentare
MUT : BRIEF #12 "Frau Freude und die Blumen"
MUT : BRIEF #12 "Frau Freude und die Blumen"
# SEELSORGE : ANDERS

MUT : BRIEF #12 "Frau Freude und die Blumen"
Ein Abonnement der Reihe ist HIER möglich. Alle bisherigen Briefe sind auf der Seite "GEMEINDE : MENSCHEN" nachzulesen.
Der Brief vom 17. Juni 2020:
Frau Freude und die Blumen
Frau Freude betreibt einen kleinen Blumenladen direkt gegenüber der zentralen Dorfkirche in einer kleinen Stadt. Frau Freude ist eine rundliche, ausgeglichene Frau in den 50igern. Sie liebt die Blumen. Schon immer. Ihre Oma sagte immer: „Blumen sind das Lächeln der Welt“. Frau Freude mag den Geruch der Blumen; den Moment, wo sie ihre Blüte voll erblühen lassen und das Grinsen auf dem Gesicht ihrer Käufer, die damit anderen Menschen oder sich selber eine Freude bereiten wollen.
Eigentlich ein Traumjob, den Frau Freude hat. Den ganzen Tag kann sie sich mit den Blumen beschäftigen. Aber in letzter Zeit kann sie sich daran nicht so recht erfreuen. Frau Freude hat die Freude verlernt. Zu sehr belasten sie die Nachrichten über das Coronavirus, was in aller Munde ist. Zu oft liest sie Nachrichten und Studien darüber – auch auf Englisch. Frau Freude sieht gar nicht mehr so oft auf ihre schönen Blumen. Ihr fällt nicht auf, dass die eine geschnitten werden müsste und die anderen dringenden Wässer braucht. So sitzt sie oft in ihrem Laden und sinniert mit sich selber über das Virus.
So auch an diesem Tag. Die Sonne lacht, eigentlich könnte es ein fröhlicher Tag werden. Sicher sind einige Menschen im Freibad, denn auch das geht jetzt wieder. Der Eisverkäufer an der Ecke wird auch heute sicher ein lohnendes Geschäft machen. Aber Frau Freude ist ja in ihrem Laden beschäftigt. Gedankenversunken blickt sie auf die neuen Gladiolen, die gerade vom Blumengroßhändler geliefert worden sind. Noch ist ihre Blüte nicht geöffnet, sie brauche gute Pflege. Plötzlich hört Frau Freude lautes Lachen von der Kirchentür gegenüber: Frau Schmidthuber kommt mit einem Kind aus der Kirche; vielleicht ihr Enkel. Frau Freude beobachtet das ungleiche Gespann. Frau Schmidthuber hat sicher die 80 Jahre schon weit überschritten, aber das verleugnet sie stets. Eine Dame verrät nicht ihr wahres Alter, was sind schon Zahlen. Wie man sich fühlt, darum geht es doch. Und Frau Schmidthuber scheint sich an dem Tag sehr gut zu fühlen in Begleitung des Kindes. Das kleine Mädchen ist geschätzt 5 Jahre alt und hat lustige Zöpfe seitlich am Kopf. Irgendwie sieht sie besonders aus. Was es genau ist, dass kann Frau Freude nicht benennen.
Interessiert starrt Frau Freude in Richtung Bank, die vor der Kirche steht. Dort nehmen die anderen Beiden Platz. Und essen ein Eis. Und erzählen laut von ihren Plänen, die sie heute noch vorhaben: Darunter eine kleine Tretbootfahrt auf der nahen gelegenen See. Danach möchten sie noch Bücher kaufen und vielleicht ins Kino. Ganz schön mutig, denkt Frau Freude. Das kann man doch gar nicht machen in der heutigen Zeit. Viel zu gefährlich. Wenn nun das Kind Frau Schmidthuber mit dem Virus ansteckt oder umgekehrt oder sie stecken sich bei einer ihrer Unternehmungen an…Frau Freude ist entsetzt. Dem muss sie auf dem Grund gehen. Sie nimmt ihre Mund-Nasen-Maske und begibt sich zu dem Gespann. „Ich habe zufällig von euren Plänen gehört“ beginnt sie und wird sanft von Frau Schmidthuber unterbrochen: „Magst du mitkommen, Frau Freude?“. Nein, das werde sie auf keinen Fall machen, so sehr sie gerne würde.
Das Mädchen schaut sie lange an und sagt ganz sanft, fast zu unwirklich für ein so junges Kind: „Frau Freude, warum sorgst du dich so? Es ist gewiss eine anstrengende Zeit. Vieles ist doch schon einfacher geworden. Schau deine Blumen an. Du gibst ihnen Wasser, sie bekommen Sonnenlicht und sicher auch einen speziellen Dünger. Und nun schau uns an: Wie viel mehr wird sich der liebe Gott um uns kümmern. Vertraue!“.
Frau Freude wird nachdenklich. Etwas hat das kleine Mädchen in ihr ausgelöst, sie weiß nur noch nicht genau, was es ist. Das Mädchen sprich weiter: „Frau Freude, ich kenne dich dein ganzes Leben lang. Vertraue“. Und damit gehen das kleine Mädchen und Frau Schmidhuber hinein in ihren Nachmittag. Zurück bleibt Frau Freude. „Sie können es ja mal ausprobieren zu vertrauen“ denkt sie laut. Und irgendwie ist sie sich plötzlich sicher, dass dieses kleine Mädchen in Wirklichkeit jemand ganz anderes ist..
ANTWORT möglich an Kerstin Schneider
Kommentare